Weidwerk im Visier der Zeit – Ursprüngliches Jagen zwischen gestern und morgen

Buchvorstellung von Beate A. Fischer

Gleich im Vorwort macht der Autor den Aufschlag mit dem Medienecho über den Abschuss des Löwen Cecil in Zimbabwe 2015. Sein Fazit ist folgendes: Der Übeltäter war nicht Palmer, sondern ein Tierrechtsaktivist sowie die Medien, die der Welt ein emotionales Märchen auftischten und den Jäger Palmer fertig machen wollten. In einem geringen Umfang trifft auch den Berufsjäger und den Farmer Schuld. Palmer war – so Willinger – also am Ende Opfer, nicht Täter.

Abb.: Buch fotografiert; Bildquelle: Beate A. Fischer

Willinger setzt sich mit Ideen wie nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen durch Jagd und den damit einhergehenden Herausforderungen durch westliche Tierschutzorganisationen aber auch durch lokale Interessen an der Landnutzung für den wachsenden Landhunger der Bevölkerung auseinander. Diese Interessenskonflikte spitzen sich aktuell durch wegbrechende Einnahmen aus dem internationalen Tourismus weiter zu.    

»High Hopes: In der Blüte meines Lebens hatte ich noch große Hoffnungen. In vielerlei Hinsicht. Unter anderem wollte ich eine Jagd, wie sie spannender nicht denkbar ist. Am Ende scheiterte ich an mir selbst. Doch auf dem langen Weg dorthin liegen die schönsten Tage meines Lebens. Die allerschönsten. Und immer, wenn ich in den Schwarzen Kontinent kam, habe ich dort Neues entdeckt und erlebt: Pflanzen, Tiere, Menschen, Landschaften und Abenteuer. Semper aliquid novi.«

Im Weiteren beschreibt Willinger im vorliegenden Band seine (Jagd)-Erlebnisse und Beobachtungen auf dem afrikanischen Kontinent und in den Bergen Asiens. Seine kenntnisreich geschriebenen Jagdgeschichten sind lesenswert, noch spannender als die einzelnen Geschichten, ist der Mensch hinter den Geschichten. Ich nutzte die Gelegenheit zu einem Gedankenaustauch mit dem Autor:

KRAUTJUNKER: Was ist dieser Christian Carl Willinger für ein Mensch, dem Jagen, Reisen und das darüber Erzählen so wichtig sind, dass er im Selbstverlag Bücher herausgibt? 
CCW: Nachdem mich Pferde, Jagd und Natur, aber auch das Schöne in der klassischen bildenden Kunst seit meiner Kindheit mehr fasziniert hatten als alles andere, ich jedoch in diesen Passionen von meinen Eltern weder unterstützt noch geleitet wurde, musste ich den Umweg eines diese Interessen finanzierenden Berufes gehen. Ausdauer und Durchhaltevermögen, Vernunft, Pflichtbewusstsein und ein Mindestmaß an nötigen Begabungen waren mir zum Glück in die Wiege gelegt.
Schon in meiner Jugend, ab der gymnasialen Oberstufe, hatte ich begonnen, meine Gedanken, Erkenntnisse und mir wichtige Erlebnisse laufend zu Papier zu bringen. Diese Angewohnheit behielt ich zeitlebens bei. Meine ästhetischen Interessen erstreckten sich später auch auf Bereiche wie Kalligraphie, Typographie und Layout, so dass es mir, als ich mein erstes Buch in Angriff nahm, großes Vergnügen bereitete, mich in diese Gebiete einzuarbeiten.
Nun wuchs ich in einer Zeit auf, in welcher es zu einer ungeheuerlichen ideologischen Umgestaltung auf allen Gebieten der Gesellschaft und Politik kam, die bis heute andauert und welche nicht nur die Jagd, sondern die kulturelle Vielfalt schlechthin sowie alle traditionellen Narrative massiv bedroht. Mein Interesse an Geschichte und Naturwissenschaften sowie Teilbereichen der Geisteswissenschaften war dabei sehr hilfreich, zu verstehen, was hier vor sich ging. Damit war für mich klar, dass ich in meinen Schriften diese Bedrohungen thematisieren und gegen sie ankämpfen würde müssen.
Mein drittes Buch, das Ihnen vorliegt, geht darauf nur am Rande ein, etwa im mit wenigen dutzend Seiten relativ kurz gehaltenen Vorspann, doch mein zweites Buch, teils auch mein erstes, behandelt diese Thematik sehr breit.
Ein zweites eminent wichtiges Anliegen war mir immer die Einordnung des Reisens und Jagens in eine kulturelle, naturgeschichtliche und geschichtliche Ganzheit. Zu vermitteln, dass man sich bemühen sollte, sich mit Land, Leuten, Natur, Kultur und Geschichte der bereisten Gebiete – natürlich im engeren Zusammenhang mit der Jagd – zu beschäftigen und nicht einfach „geistlos irgendwo hinzufahren und Tiere abzuknallen“, wie uns Auslandsjägern oft vorgeworfen wird und wie das vielleicht manche auch tun.
Und drittens will ich in und mit meinen Schriften aufzeigen, dass Wildnisjagd nur dann ihrem Wesen gerecht wird, wenn wir dabei auf alle übertriebene Technik verzichten und die eigentliche Kunst des Jagens in den Vordergrund stellen, nämlich gut anzusprechen und dann möglichst nahe an das Wild heranzukommen. Dass dies auch bei meinen Jagden bei weitem nicht immer geklappt hat, habe ich dabei eingehend thematisiert.
Viertens habe ich mich seit geraumer Zeit mit der Frage beschäftigt, warum wir jagen. In Band 3 ist darüber nicht viel zu lesen, doch die Bände 1, 2 und besonders der künftige Band 4 beschäftigen sich intensiv mit dieser Thematik, die sowohl für unser Selbstverständnis als Jäger als auch für die Rechtfertigung unseres Tuns nach außen essentiell ist.
Kommerzielle Verlage veröffentlichen nur Schriften, die sich gut verkaufen lassen. Meine Bücher hingegen sind eine Nische in einer Nische einer Nische: Jagd an sich ist schon ein Nischenthema, Auslandsjagd ist wiederum eine Nische innerhalb der Jagd, und für Band 1 und 2 gilt im Gegensatz zu Band 3 auch noch eine thematische Komplexität, welche den Kreis potentieller Leser doch sehr klein werden lässt. Außerdem hätten sich auf kommerziellem Wege meine Vorstellungen eines umfangreichen Bildmaterials und einer gewissen epischen Breite des Textes wohl kaum realisieren lassen, und manch provokante Textstelle wäre wohl auch der Zensur zum Opfer gefallen. Somit blieb nur der Selbstverlag.

KRAUTJUNKER: Eine Frage treibt mich um, wenn ich auf das schaue, was Sie über den Selbstverlag schreiben: Sie erklären Bücher für eine Nische der Nische zu schreiben. Warum schreiben Sie Bücher für eine winzige Zielgruppe?
CCW: Meine Bücher könnte man so charakterisieren: Reiseerlebnisse eines Jägers, Reiters, Aficionados, Gourmets und Kulturliebhabers mit geschichtlichen, naturkundlichen, kulturellen, philosophischen und fachwissenschaftlichen Einwürfen. Und wer liest das? Eigentlich nur bildungsaffine Jäger mit starkem Auslandsinteresse.  Denn ich schreibe ja nicht nur, um zu unterhalten, sondern um dem Leser im Rahmen des Erzählens Informationen und Anregungen zu bieten, eine Begeisterung für das Schöne zu entfachen und eine gewisse Lebenseinstellung zu vermitteln und zu propagieren. Dann kann sich der Einzelne anhand der Literaturlisten vielleicht selbst in das eine oder andere Thema vertiefen.
Wenn man bedenkt, dass bei einer halben Million deutschsprachiger Jäger die Auflage für die Zeitschrift Jagen Weltweit nur etwa 17.000 beträgt, und für die hochwertige Jagdzeit International nur 5.500, und wenn man weiter bedenkt, dass davon vielleicht nicht viele Leser den langen Atem für meine Texte haben und dass meine Bücher hochpreisig sind, dann bleiben eben leider nur wenige übrig.

Abb.: Buch fotografiert; Bildquelle: Beate A. Fischer

KRAUTJUNKER:Inbesondere im asiatischen Teil des Buches erscheint mir das Thema „Trophäenlänge und –Größe“ eine Rolle zu spielen. Für mich ist das immer eine zwiespältige Sache: Der Anspruch ist, eine reife Trophäe zu schießen aber auf der anderen Seite hat man sich meist auf einer Jagdreise, die mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden ist, das Ziel auch da, auch die gewünschte Art auf der Strecke zu haben. Und auch der Berufsjäger hat ein großes Interesse daran, auch den Preis für den Abschuss zu bekommen. Wo auch immer man auf Trophäenjagd geht, ist die Frage zu stellen, nehme ich was kommt, um nicht mit leeren Händen nach Hause zu gehen oder warte ich ab, und gehe vielleicht mit dem richtigen Stück oder leeren Händen nach Hause.
CCW:  Ich bekenne mich ganz klar zur Priorität des Alters. Wer Band 3 nun ohne Vorkenntnis meiner Ausführungen zum Trophäenkult in Band 2 liest, der bekommt vielleicht den Eindruck einer gewissen Trophäenfixierung, aber nur deshalb, weil beim Steinbock zwischen Alter und Trophäenstärke ein enger Zusammenhang besteht. Im Tian Shan kann ein Bock mit 110 cm niemals sehr alt sein und ein Bock mit 130 cm niemals sehr jung. In der Mongolei, im Altai und im Himalaya liegen die Werte vielleicht 15-20 cm darunter. Leider werden im Tian-Shan-Großraum um die 90% aller Böcke im Alter von 7-10 Jahren erlegt, während der Steinbock sich erst im 13. Jahr aus dem Brunftgeschehen zurückzieht und zugleich seine Wintersterblichkeit steigt. Wer also auf ein reifes Stück jenseits des 12. Lebensjahres aus ist, muss nach starken Stücken suchen, denn anders als in Europa, wo der Berufsjäger jeden Bock kennt, hat man in Asien nur die Trophäenstärke als wichtigsten Anhaltspunkt, ein wenig noch Körperbau, Farbe und Verhalten. Auf die dortigen großen Entfernungen lassen sich Altersfurchen selbst mit der stärksten Optik nicht erkennen.
Wer das erste und vielleicht einzige Mal auf Steinbock jagt, der will verständlicherweise nicht als Schneider nach Hause kommen. Aber bei den nächsten Jagden wird man immer selektiver. Das Erlebnis der Wildnisjagd ist auch ohne Erfolg immer großartig und außergewöhnlich. Enttäuscht darüber sind eigentlich nur die Jagdführer und der Outfitter wegen des entgangenen Verdienstes. Das ist eben das Dilemma der kommerzialisierten Jagd. Es gibt dafür allerdings eine Lösung: die Grundpreise so zu gestalten, dass sich auch die erfolglosen Jagden rechnen, und dafür die Trophäenpreise günstig zu halten.

Abb.: Foto aus Buch; Bildquelle: Carl Christian Willinger

KRAUTJUNKER: Die ersten beiden Bücher – waren zumindest suggeriert dies die Aufmachung mit Ledereinband – hochwertiger gestaltet. Besteht zwischen den bestehenden und geplanten Büchern ein innerer Zusammenhang – wie bei einer Triologie – Quadrologie?
CCW: Der vorliegende dritte Band ist nicht mehr ledergebunden, das war eine finanzielle Überlegung. Wie Sie richtig erkannten, wird man von solchen Projekten nicht reich. Es kamen bisher immer nur die Produktionskosten herein. Bei der sehr kleinen Auflage des dritten Bandes wollte ich einfach nicht mehr einen derart hohen Kapitaleinsatz leisten, habe jedoch bei Papier, Druck und Buchbindung weiterhin auf Qualität gesetzt. Wenn ich bei Band 3 einen kleinen Gewinn machen sollte, wäre beim vierten Band, der für Ende 2021 geplant ist, wieder Leder drin. Die gemeinsame Klammer der Tetralogie besteht im Grunde in jener oben erwähnten Charakterisierung „Reiseerlebnisse eines…“ und im langen Weg zu tieferen Erkenntnissen über Jagd, Jäger und über das Wesen des Menschen. Gerade diesbezüglich habe ich mir für den vierten Band eine ganze Reihe von Aufsätzen aufgehoben, die ich als inhaltliche Leckerbissen betrachte. Darüber hinaus habe ich noch ein Taschenbuch angedacht.

KRAUTJUNKER: Wenn Sie sich den Luxus des Selbstverlages leisten, warum kommt jetzt ein Taschenbuch?
CCW: Das Taschenbuch ist ein ganz eigenständiges Projekt, und seine konkrete Umsetzung steht bei Weitem noch nicht fest. Deshalb will ich nur soviel sagen: Der Text geht der Frage nach, warum Jäger jagen, und beantwortet diese Frage umfassend und mit wissenschaftlichem Hintergrund auf der Grundlage der Kühnle’schen Jagdtheorie. Es ist ein rein theoretischer Text ohne Abbildungen, allerdings allgemeinverständlich-populärwissenschaftlich aufbereitet.
Ob dieser Text als Büchlein oder in anderer Form erscheint, wird sich erst erweisen. Da es sich um einen fundamentalen Text handelt, soll es ein Produkt sein, das für jedermann günstig zu erwerben ist, in jede Jackentasche passt und leicht ist.

KRAUTJUNKER: Wenn ich mir die Beiträge zu Kühnles Jagdtheorie im Internet ansehe, sehe ich Klischees des alten Mannes und der Männerbünde in der Jagd. Sind das Leute, die gut situiert, in gesellschaftlichen Nischen leben und die den Austausch mit der jungen Generation Jäger/innen verloren haben?
CCW: Die Menschen um Kühnle erscheinen jungen Menschen nur allzu leicht alt und abgehoben. Kühle selbst ist immerhin über 80. Man darf aber dabei eines nicht außer Acht lassen: diese scheinbare Abgehobenheit kommt möglicherweise von der intellektuellen Höhe des Kreises um Kühnle.
Die Ortega-Gesellschaft ist gewissermaßen ein philosophischer Zirkel. Ortega war ja nicht bloß der Autor der Meditationen, sondern einer der großen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Es bedarf schon ganz gewaltiger persönlicher Anstrengungen und Jahrzehnte einschlägiger Beschäftigung, um in fachphilosophischen Fragen behaupten zu können, man würde einen Durchblick haben.

Abb.: Foto aus Buch; Bildquelle: Carl Christian Willinger


Auch ich habe ihn nicht im Entferntesten, bin höchstens in ganz winzigen Teilbereichen etwas angelesen. Kühnle hat Philosophie, Soziologie und Psychologie studiert, hat auch Medizin und Recht belegt, hat etliche sehr komplexe Bücher geschrieben und arbeitet immer noch an wissenschaftlichen Projekten in Zusammenarbeit mit der Universität Trier. Mit seinem konzentrierten Wissen und seiner hohen Urteilskraft steht er beispielhaft für die Elite deutscher Gelehrter. Deshalb ist es wohl mit dem Austausch mit jungen Menschen etwas schwierig, weil einfach die Fachkenntnisse fehlen und weil man buchstäblich nicht dieselbe Sprache spricht. Außerdem sind Jäger eher praktische Menschen. Wir verdanken jedenfalls Kühnle den entscheidenden Durchbruch zu einer wissenschaftlich haltbaren und sorgsam fundierten Jagdtheorie. Deshalb auch ist es mir eine Herzensangelegenheit, diese unerhört schwierige Materie für Laien allgemeinverständlich aufzubereiten.

KRAUTJUNKER: Insbesondere in einer Zeit in der Jagdreisen immer kürzer werden, wächst der Druck auf die Outfitter. In Zeiten von Out of Africa oder Robert Ruark waren drei Monate Safari gesetzt, das ist heute zeitlich und finanziell für viele gar nicht mehr machbar. Die Jagd im Ausland wandelt noch auf viel schmalerem Grad.
CCW: Eine Zwickmühlensituation bezeichnet man als Dilemma. Die hochgradige Kommerzialisierung nicht nur des Jagdtourismus, sondern aller Lebensbereiche ist ein solches Dilemma: einerseits generiert sie Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand, im Falle der Jagd sogar Arten- und Habitatschutz, andererseits zerstört sie über die ständige Aufwärtsspirale, das ständige Mehr und Mehr unsere Lebensgrundlagen und erzeugt die seltsamsten Künstlichkeiten, die ich unverhohlen als Perversionen bezeichne. Das rechte Maß zu halten ist dem Menschen offenbar unmöglich. Dazu gehören auch die ständig kürzer, dafür häufiger werdenden Reisen. Das ist zwar für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation, aber für die Umwelt und, wie jetzt für jedermann sichtbar wurde, auch aus epidemiologischer Sicht eine Katastrophe.

KRAUTJUNKER: Wie nachhaltig ist eine Trophäenjagd, die vom internationalen Tourismus und von bis an die Zähne bewaffneten Anti-Wilderei-Einheiten abhängig ist?
CCW: Das gilt auch für alle anderen Formen von Wildtiertourismus: Nationalparks brauchen die Einnahmen genauso für Anti-Wilderei-Maßnahmen, und jetzt, bei Massenarbeitslosigkeit und Hunger im Land umso dringlicher. Auch Outfitter, die außerhalb der Parks Fototourismus, Wandersafaris, Kamelsafaris, Reitsafaris u.a.m. anbieten, stehen vor dem gleichen Problem: auch sie müssen Anti-Wilderei-Maßnahmen finanzieren, sonst hätten sie längst kein Wild mehr. Das ganze Konzept Schützen durch Nützen funktioniert in Afrika (und auch in Asien) nur mit Tourismus, egal ob Massentourismus, Luxustourismus, Ökotourismus, Jagdtourismus. Nur dass Massentourismus gegenüber den drei anderen Formen zahlreiche gravierende Nebenwirkungen hat und pro Saison einen gigantischen ökologischen Fußabdruck hinterlässt.
Für die Einheimischen ist Wild nur Fleisch. Die Grundfrage lautet also: soll Wild außerhalb von Nationalparks erhalten bleiben oder nicht. Die europäischen Verhältnisse, wo Gesetz und Ordnung herrscht und die Menschen sich auch im Großen und Ganzen daran halten, kann man nicht auf afrikanische Länder übertragen. Man kann dort also nicht einfach Reviere einrichten und sie verpachten, denn es gibt weder eine Jagdkultur, bei der man um des Jagens willen jagt, noch eine Nachhaltigkeitskultur, von Hege und Instandhaltung ganz zu schweigen. Abgesehen davon, dass niemand das Geld zum Pachten hätte. Im Übrigen: einige Konzessionen sind ohnehin zur Privatnutzung in der Hand arabischer Scheichs. Ob das nachhaltig ist, darf man hinterfragen.
Wilderei ist in Afrika außerhalb von Parks und stellenweise selbst innerhalb allgegenwärtig. Nur in Botswana wird anscheinend relativ wenig gewildert.

Abb.: Foto aus Buch; Bildquelle: Carl Christian Willinger

Was ist die Lösung? Ich glaube, man kann als Outfitter hier nur die Zähne zusammenbeißen, eisern sparen und so gut wie möglich durchhalten. Es wird nämlich noch weit schlimmer werden, wenn die Wirtschafts- und Finanzkrise im Herbst/Winter voll durchschlägt. Da wird es nicht nur im Tourismusbereich das große Unternehmenssterben geben.
Vielen in der afrikanischen Politik wird das alles gar nicht ungelegen kommen, denn sie haben schon lange ein Auge auf die Wildschutzgebiete geworfen, als Siedlungs- und Landwirtschaftsgebiet für die ständig wachsende Bevölkerung. Der tansanische Präsident hat ja schon damit begonnen, etliche Wildschutzgebiete umzuwidmen, darunter auch den Großteil des Selous. Die jetzige Krise wird diesen Prozess stark beschleunigen. Wie ich im Buch ausgeführt habe, wird es künftig außerhalb von Nationalparks bald keine Wildnisgebiete und kein Wild mehr geben, und selbst die Parks könnten nicht ewig so groß und so viele bleiben, wie sie derzeit sind.
Abschließend will ich noch darauf hinweisen, dass nicht nur der Wildtiertourismus, sondern jeglicher Tourismus in Afrika und Asien derzeit am seidenen Faden hängt, weil der Binnentourismus einfach verschwindend gering ist im Vergleich zur Zahl europäischer, amerikanischer und chinesischer Gäste. Bei mir klopfen da zwei Herzen in meiner Brust: einerseits ist das, was sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten an touristischer Aktivität entwickelt hat, ein ungeheuerlicher Auswuchs, ein ökologischer Wahnsinn und auch Mitverursacher dieser Pandemie, andererseits hängen davon Abermillionen Existenzen ab.

Frage: Wer ist die Zielgruppe Ihrer Bücher, wem darf ich Ihr Buch empfehlen?
CCW: Ich möchte beim Leser eine Begeisterung für und eine Lust auf puristisches, abenteuerliches Jagen wecken, weil ich zu tiefst überzeugt bin, dass dies die erlebnisreichste und befriedigendste Art von Jagd ist. Zugleich möchte ich ein kritisches Bewusstsein für hochkommerzialisierte und pervertierte Formen der Jagd schaffen.
Außerdem möchte ich dem Leser Informationen zu Natur und Geschichte bieten, die er sonst durch mühsame Recherche aus vielen verschiedenen Quellen zusammensuchen müsste. Damit will ich gegen das grassierende Unwissen ankämpfen, das es den destruktiven Kräften heute so leicht macht;
Meine Bücher sollen den Leser anregen, sich vielleicht in die eine oder andere Thematik weiter zu vertiefen, wozu die Literaturlisten hilfreich sind;
Mir ist es wichtig, die Strukturen, Mechanismen und Motive hinter den jagdfeindlichen Strömungen aufdecken und das Bewusstsein für die kulturdestruktiven und totalitären Absichten des postmodernistischen Narrativs schärfen, das den jagdfeindlichen Strömungen übergeordnet ist.
Ich möchte der Frage nachgehen, warum wir jagen, weil sich darüber jeder Jäger Klarheit verschaffen sollte und wir unser Jagen ja auch nach außen erklären müssen. All diese Absichten sollten im Rahmen eines spannenden und zugleich abwechslungsreichen Lesevergnügens erreicht werden.
Meine strukturellen Motive sind weniger leicht fassbar. Wohl das Wichtigste dürfte sein, dass der Mensch im Leben etwas schaffen und hinterlassen will, das erstens die eigene Existenz überdauert und zweitens eine gewisse Wirkung entfaltet. Es geht also auch darum, einen mikroskopisch-winzigen Beitrag zu leisten, die Welt in jene Richtung zu bewegen, die man für die richtige hält.

Abb.: Buch fotografiert; Bildquelle: Beate A. Fischer

Vielleicht noch folgender Hinweis: Band 1 stellt eine Einführung in meine (jagdliche und kulturelle) Welt dar, Band 2 ist diesbezüglich weiterführend und dabei gedanklich einigermaßen fordernd, Band 3 dient der Entspannung, ehe Band 4 zum Gipfelsturm ruft.
Wem also kann man meine Bücher empfehlen? Allen, die an diesen genannten Themenbereichen interessiert sind und ein abwechslungsreiches Leseabenteuer schätzen, das über reine Jagderlebnisse hinausgeht.

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KRAUTJUNKER-Rezensentin:

Beate A. Fischer, geboren 1973, Jägerin seit 6 Jahren, Hundeführerin – verliebt in einem Vizsla sowie Co- und Stiefmutter eines Fox, schießt leidenschaftlich gern Jagdparcour und Flugwild, außerdem hat sich die afrikanische Sonne in ihr Herz gebrannt. Sie lebt im kühlen Nordfriesland auf einem Resthof, arbeitet als Rechtsanwältin und schreibt manchmal auch mal andere schöne Texte. 

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe, sondern jetzt auch Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Weidwerk im Visier der Zeit: Ursprüngliches Jagen zwischen gestern und morgen

Autor: Christian Carl Willinger

Verlag: CCW-Verlag; Auflage: 1 (17. Juni 2020)

ISBN: 978-3200069800

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Mehr von Christian Carl Willinger: https://krautjunker.com/?s=christian+carl+willinger

Ein Kommentar Gib deinen ab

  1. Völlig komponiertes Themenmaterial, danke für die selektive Information. Eleonora Gilles Rabin

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