von Martin Wehrle
Rio Reiser hat einst den »Junimond« besungen. Vielleicht war er Zanderangler, denn kaum ein anderer Monat bietet so große Fangchancen, Motto: Es ist vorbei – bye, bye – Juni-Zander!
Laicher-Spürhund
Im Juni stehen die Zander in vielen Gewässern noch dicht an dicht, während sie sich im Hochsommer über die Wasserfläche verstreuen. Die Erklärung? Die Fische haben sich im Frühjahr zum Laichen gesammelt, und an diesen meist fischreichen Plätzen bleiben sie noch eine gute Zeit stehen. Deine Aufgabe: Finde heraus, wo die Zander in deinem Gewässer laichen. Versunkene Bäume, besonders Tannen, sind ein heißer Tipp.
Gib ihm die Kante
Fast alle Laichplätze haben eine Gemeinsamkeit: Es handelt sich um flache Stellen oder Barschberge, die unmittelbar mit dem tieferen Wasser verbunden sind. Studier einmal die Tiefenkarte deines Gewässers (oder lass dein Lotblei an die Arbeit): Wo ziehen sich Scharkanten vom Ufer weit in den See? Je länger die Scharkanten verlaufen, desto vielversprechender sind sie. Und je weiter das Jahr fortschreitet, desto weiter ins Tiefe können die Zander sich verschieben.
Trüb ist gut
Hechtangler stöhnen über trübes Wasser: Je weniger der Hecht sieht, desto schwerer ist er auf Kunstköder zu fangen. Beim Zander ist das anders: Als Nachtfisch kommt er mit schlechten Licht- und Sichtverhältnissen klar. Im Gegenteil: Trübes Wasser, etwa nach einem Gewitterregen, kann ihn sogar am helllichten Tag zum Fressen animieren. Der beste Köder? Ein natürlicher Fisch. Zum Beispiel an der Dropshot-Montage angeboten. Oder am Drachkovitch- System.

Nachtangriff
Was in großen Flüssen wie Rhein und Elbe funktioniert, das Zanderfangen am helllichten Tag, ist in klaren Seen die Ausnahme. Hier kann es passieren, dass die Zander bei Tageslicht am Grund dösen, ehe sie in der Dämmerung jagen. Die mit Abstand besten Angelstunden liegen zwischen 22.00 und 1.00 Uhr. Wer nachts angelt, erlebt Sternstunden.
Höhenangst
Viele Zanderangler leiden unter Höhenangst: Sie schicken ihren Köder zu Boden, eben weil der Zander als »Grundfi sch« gilt. Dabei jagt er in zahlreichen Gewässern direkt unter der Oberfläche. Ich kenne Spree-Profis, die ihre Oberflächen-Wobbler bei Nacht über der Steinpackung anbieten. Sie fangen gigantisch. Ebenso werden in Stauseen wie dem Schluchsee nahezu alle Sommerzander in einer Schlepptiefe von unter (!) zwei Meter gefangen, obwohl das Wasser an vielen Stellen zehn oder zwanzig Mal so tief ist. Auch das ganz flache Angeln mit Köderfisch funktioniert. Keine Höhenangst – probier es flach!
Die Sprungschicht-Falle
Wie kommt es, dass Zander (manchmal) so dicht unter der Oberfläche stehen? Zwei Erklärungen: Erstens tummelt sich dort ihr liebster Beutefisch, die Laube. Und zweitens bildet sich im Sommer in vielen Seen eine Sprungschicht; darunter enthält das Wasser keinen Sauerstoff mehr. Finde unbedingt heraus, zum Beispiel mit einem guten Echolot, auf welcher Tiefe diese Schicht in deinem Gewässer liegt – und angle flacher!
Die Zander-Linie
Nehmen wir an, die Sprungschicht liegt exakt auf vier Metern. Welche Angelplätze, denkst du, sind jetzt zum Grundangeln ideal? Stellen, die ein Stück höher als 4 Meter liegen – sagen wir: 3,75 Meter. Denn alle Zander, die aus dem Freiwasser aufs Ufer zusteuern, sammeln sich auf dieser Tiefe – und ziehen an den Kanten entlang. Darum solltest du deinen Köderfisch auf dieser Tiefe auslegen und beim Spinnfi schen parallel am Ufer entlang werfen – damit dein Köder möglichst lange in der Fangzone bleibt.
Abb.: Fang mit Biss: Dieser Juni-Zander nahm den Köderfisch auf einer Scharkante.
Fetzige Fänge
Gute Zanderangler lassen gern die Fetzen fliegen! Sie schneiden ihre Köderfische in Stücke. Ein Fischfetzen verströmt einen intensiveren Geruch als ein ganzer Fisch und lässt einen schnelleren Anhieb zu – die Zahl der Fehlbisse sinkt. Fängig sind zum Beispiel Streifen aus Filet, die imFließwasser verführerisch in der Strömung flattern. Oder Schwanzstücke von Weißfischen. Ein Warnhinweis gilt für Fetzen wie für ganze Köderfi sche: Achte darauf, dass sich beim Aufziehen keine Schuppe auf der Hakenspitze festsetzt – sonst kommt dein Anhieb nicht durch.

Flattermann
Was machst du mit der Haut eines abgezogenen Barsches? Einen Zanderköder! Diesem Trick verdankt Georg Hartwich, Vater meines Freundes Edwin, etliche kapitale Zander. Schneid die Haut einer Barschhälfte mit dem Messer so zu, dass ihr Ende sich verjüngt. Dein System besteht aus zwei Haken: vorne einem Ryder-Hook (Einzelhaken mit gegenüberliegendem Köderhaken), hinten einem Drilling. Nun hakst du die Fischhaut so ein, dass sie im Wasser schön gestreckt ist. Nimm ein Stahlvorfach – denn auch die Hechte stehen auf den Flattermann, der sich fürs langsame Spinnen mit Beschwerung oder fürs stationäre Strömungsangeln eignet.
Natürlich Dropshot
Der beste Dropshot-Köder hat einen Namen: Köderfisch. Sein Reiz überbietet jeden Kunstköder. Schau dir mal an, wie eine 10-Zentimeter-Laube an einem ins Fluorocarbon-Vorfach geknoteten Haken spielt – traumhaft! Den Köderfisch wirfst du vor versunkenem Holz ein, lässt ihn zittern und zupfst ihn (beim Uferangeln) mit hoch erhobener Rute langsam ein. Wenn Du einen 2er Haken nimmst und nach dem Biss drei Sekunden Schnur gibst, ehe du anschlägst, bleiben viele dicke Zander hängen.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: 365 ultimative Fangtipps: Mehr Bisse, mehr Fische, mehr Spaß
Autor: Martin Wehrle
Bildquellen: Martin Wehrle und Edwin Hartwich
Verlag: Müller Rüschlikon; Auflage: 1 (24. September 2015)
ISBN: 978-3275020478
Verlagslink: https://www.motorbuch-versand.de/product_info.php/info/p9134_365-ultimative-Fangtipps.html
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Website des Autors:
http://www.karriereberater-akademie.de/vita_martin_wehrle.htm
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Erster Beitrag aus dem Buch: 10 Fangtipps für den März:
https://krautjunker.com/2017/03/11/10-fangtipps-fuer-den-maerz-forelle/
Zweiter Beitrag aus dem Buch: 10 Fangtipps für den April:
https://krautjunker.com/2017/04/09/10-fangtipps-fuer-den-april-schleie-das-gruenen-beginnt/
Dritter Beitrag aus dem Buch: 10 Fangtipps für den Mai:
https://krautjunker.com/2017/04/30/10-fangtipps-fuer-den-mai-hecht/
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