Die Sache mit der Auslandsjagd: Trophäen oder Artenschutz?

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Buchvorstellung von Beate A. Fischer

Hannes und Ludwig Siege haben sich ein dickes Brett vorgenommen zu bohren; Die Sache mit der Auslandsjagd. Wie das Titelbild des Buches bereits vermittelt, geht es im Wesentlichen um die Auslandsjagd in Afrika. Beide Autoren haben reichlich Erfahrungen auf dem schwarzen Kontinent gesammelt, in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet für die GTZ sowie für andere Auftraggeber in verschiedenen Entwicklungshilfeprojekten. Beide haben sich der gesellschaftspolitischen Vermittlung der Auslandsjagd in Afrika verschrieben und beide schöpfen – neben einer Reihe ausgewählter Gastautoren – in diesem Buch auf knapp 300 Seiten aus ihrem reichen Erfahrungsschatz.

Das Buch ist in neun Kapitel unterteilt, die sich dem Thema „Auslandsjagd“ von unterschiedlichen Seiten nähern.

Der erste Teil des Buches umfasst eine auswertende, statistische Auseinandersetzung mit der Auslandsjagd, wer fährt wohin und warum. Die Auswertung spiegelt das Bild des waidgerechten, deutschen Jägers, der auf Tradition und Gepflogenheiten achtet, als Standardafrikajäger. Verpönt ist die Gatterjagd, nachlässige Wildbretbehandlung, Helikopter- und Scheinwerferjagd sowie das Ziel einer jagdlichen Herausforderung statt Trophäengröße. Eine Darstellung, die mir ebenso wenig realistisch erscheint, wie die Angabe, dass die Jagd wohl ca. 3.000 EUR gekostet hätte. Mutmaßlich zutreffend ist wohl, dass der deutsche Jäger das Wild in seiner natürlichen Umgebung bejagen möchte, wieviel Kenntnis der Einzelne über das Vorkommen des bejagten Wildes auf der jeweiligen Farm / Gebiet hat und ob die Unterscheidung zwischen ausgesetztem und endemischen Wild immer so klar ist, bleibt im Dunkeln.  Spannend ist der kurze Abriss der Entwicklung der Auslandsjagdreise von der echten Safariexpedition weniger Abenteurer mit großen Berufsjäger-Namen wie Selous, Schillings, Ionides zu einer jagdlichen „Pauschalreise“ erschwinglich für jedermann.  

Der zweite Teil setzt sich mit den Jagdgegnern, der Rhetorik und den Finanzierungsmodellen der tierrechtlichen NGOs auseinander. Es wird beispielhaft die Jagd auf den Löwen „Cecil“ aus unterschiedlichen Blickrichtungen intensiv beleuchtet und dargestellt, was verschiedene Interessensgruppen für sich daraus machten. Es folgt ein Abriss über die Frau in der (Trophäen-)jagd.

Der dritte Teil ist einer ethischen und rechtlichen Einordnung der Jagd im Allgemeinen und der Auslandsjagd im Speziellen gewidmet. Dr. Florian Asche, Autor und Rechtsanwalt kommt mit einem Gastbeitrag zu Wort und es wird die Frage, nach der Jagd als Managementinstrument des Naturschutzes (erstmals) aufgeworfen. So wie es in Deutschland gesellschaftlicher Konsens in breiten Teilen der Bevölkerung ist, dass in Wildbestände von Wildschwein und Reh regulierend eingegriffen werden muss, besteht dieses Verständnis für afrikanisches Wild – hierzulande eher aus dem Zoo bekannt- eher nicht. Umsiedlung von Schadwild oder Überbeständen in andere Gebiete wird gemeinhin als vorzugswürdige Alternative angesehen. Die Autoren werden die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen im Weiteren des Buches noch mehrmals in Frage stellen.

Im vierten Teil stellen sich die Autoren der Annahme, dass afrikanisches Wild pauschal und allgemein und immer irgendwie vom Aussterben bedroht sei. Als Beispiel wird der steile Anstieg der Elefantenbestände in Botswana herangezogen, der in der – in der westlichen Welt weithin kritisierte – Wiederaufnahme der Elefantenjagd mündete. Es wird der Präsident Botswanas mit seiner Aussage zitiert, der Westen möge die afrikanischen Länder nicht als ihren Zoo betrachten und man könne in Europa gern ein paar hundert wildlebende Elefanten aufnehmen. Ludwig Siege erzählt von seinen Erfahrungen mit der nachhaltigen Jagdbewirtschaftung im Selous-Nationalpark, in dessen Conversation-Projekt die deutsche Regierung jahrelang involviert war. Ein Engagement, das solange erfolgreich war, wie es unter Partizipation der lokalen Bevölkerung aktiv gemanagt wurde. Heute sind diese guten Zeiten der nachhaltigen Bejagung von Selous Geschichte; Wilderei, Viehhaltung und Holzhandel sind auf einem kaum aufzuhaltenden Vormarsch, der sich durch den internationalen Handel mit Wildfleisch aus Tansania eher noch beschleunigen wird.       

Das 5. Kapitel wirft einen Blick über den Tellerrand. Die Aussagefrage  – „Dürfen Inuit Eisbären jagen“ – spannt einen Exkurs über Falknerei und Bogenjagd, um bei den San wieder in Afrika zu landen.

Das – meiner Meinung nach – spannendste Kapitel ist das Sechste; „Natur ist kein Streichelzoo“ und es beginnt gleich mit der provokativen Erzählung „Gehen wir Löwen vergiften im Park“. Die Autoren berichten von ihren persönlichen Erfahrungen in der Bejagung von sogenannten „Problemtieren“. Sie berichten von dem Leid, welches Elefanten, Löwen, Krokodile, Flusspferde, Hyänen unter der lokalen Bevölkerung anrichten. Die Bejagung und Erlegung dieser Wildtiere, meist im Auftrag der Regierung, das Für und Wider von kostspieligen Wildtierumsiedlungen, mit denen NGOs viel Geld verdienen und Maßnahmen zur Eindämmung der Konflikte zwischen Wildtieren und lokaler Bevölkerungen werden in interessanten Episoden vermittelt. Für mich ist es dieser Teil des Buches, der mich wirklich gefesselt hat. Die Konflikte zwischen lokaler Bevölkerung und Wildtieren werden durch Bevölkerungswachstum, Dürrejahre und wachsende Nutzviehbestände zunehmen und echte Lösungen kann auch dieses Buch nicht bieten. Die Darstellungen sind drastisch und ehrlich, realistisch und hier geht es nicht um die Pirsch im Sonnenuntergang.  

Interessant und lehrreich kommt auch das siebente Kapitel „Wilderei“ daher. Die Wilderei – von der Substanzwilderei um den Bauch der Familie zu füllen, über die Wilderei zum Fleischverkauf bis hin zur international vernetzten, kommerziellen Wilderei auf Löwenfell, Tigerknochen, Elfenbein und Nashorn – ist ein facettenreiches Thema. Neben der Jagd auf Großwild dreht hier das große internationale Geld. Die Autoren berichten aus ihrem eigenen Erleben über Zusammentreffen mit Wilderern, dem Umgang der Justiz in unterschiedlichen afrikanischen Ländern mit der Wilderei und beschreiben die Strukturen internationaler Verbrechersyndikate.

Das achte Kapitel widmet sich den internationalen Organisationen wie IUNC (Weltnaturschutzunion), CIC (Internationaler Jagdrat), FACE (Europäische Föderation für Jagd und Naturschutz), nationalen Verbänden und NGOs wie WWF, BUND, NABU  sowie Konventionen und Verträgen vor allem im Rahmen der CITES- Regelwerke. Dieser Teil kann und ist nur überblicksartig. Die Rolle – in Deutschland eher unbekannter Vereinigungen wie der amerikanischen Safariclubs – insbesondere des Dallas Safari Clubs – kommt zu kurz und der Schritt vom DJV (Deutscher Jagdverband) über WWF und NABU zu PETA dann doch relativ weit. Das Kapitel endet mit einem Exkurs über die Neuen Rechten in der Tierschutzbewegung. Alles in allem ein Teil der erwähnt sein muss, die Art der Darstellung einer Thematik die allein Bücher füllen könnte, gelingt nicht überzeugend. Man hätte sich hier exemplarisch beschränken sollen, z.B. auf CITES als Rahmenregelwerk und IUNC und CIC als Organisationen, die dem deutschen Auslandsjäger – wenn überhaupt – bestenfalls vom Namen bekannt sind.

Das neunte und letzte Kapitel stellt Beispiele für erfolgreichen Artenschutz durch (jagdliche) Nutzung vor. Die Projekte reichen vom Steinbock im Pamir, über die Elefantenjagd im namibischen kommunalen Hegegebiet über private Wildparks in Simbabwe, kommunale Projekte im Selous, Krokodilmanagement in Äthopien bis zur integrierten Nutzvieh- und Jagdnutzung auf der namibischen Rinderfarm. Es sind alles hoffnungsvolle Ansätze, die am Ende mit den lokalen Akteuren und mit dem Wissen und Interesse des Kunden, des jagdreisenden Auslandsjägers stehen und fallen. Es sei ihnen der Erfolg gewünscht, manches scheint mir recht optimistisch.

Der Wert des Buches liegt – meines Erachtens – immer dort, wo die Autoren aus dem Nähkästchen der eigenen Erfahrungen plaudern. Dort bringt das Buch echten Lesespaß und Erkenntnisgewinn. Nicht erwarten sollte man Jagdgeschichten im klassischen Sinn, es sind eher Arbeitserfahrungen der Autoren aus verschieden Projekten und Aufträgen.                     Und diese sind unbedingt lesenswert.

Eher ein bisschen blutleer kommen die Kapitel 1 und 2 daher, auch das Kapitel 8 bleibt sehr theoretisch.

Insgesamt sei das betont sachliche Buch allen Journalisten ans Herz gelegt, die sich mit Auslandsjagd befassen sowie Jägern, die mehr über Artenschutz durch Jagd, den Kampf gegen Wilderei, die Hintergründe von Mensch-Wildtierkonflikten in Afrika sowie dem Hintergrundwirken verschiedener staatlicher und privater Akteure erfahren möchten.

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KRAUTJUNKER-REZENSENTIN:

Beate A. Fischer, geboren 1973, Jägerin seit 6 Jahren, Hundeführerin – verliebt in einem Vizsla sowie Co- und Stiefmutter eines Fox, schießt leidenschaftlich gern Jagdparcour und Flugwild, außerdem hat sich die afrikanische Sonne in ihr Herz gebrannt. Sie lebt im kühlen Nordfriesland auf einem Resthof, arbeitet als Rechtsanwältin und schreibt manchmal auch mal andere schöne Texte. 

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Von KRAUTJUNKER existiert eine Facebook-Gruppe.

Autoren: Hannes und Ludwig Siege

Titel: Die Sache mit der Auslandsjagd: Trophäen oder Artenschutz?

Verlag: Neumann-Neudamm Melsungen; Auflage: 1 (11. März 2020)

Verlagslink: https://www.jana-jagd.de/buecher/auslandsjagd/weltweites-jagen/11744/die-sache-mit-der-auslandsjagd

ISBN: 978-3-7888-1983-5

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