Rezeptvorstellung von André Brüggemann
Drückjagd. Die Stände sind gut geplant, es sind versierte Schützen eingeladen, die Treiberwehr ist motiviert. Wenn jetzt noch die Sauen ihren Einstand im Revier haben, kann die Strecke hoch sein.

Die Verwertung der Strecke ist je nach Reviergröße und Möglichkeiten oder Vorlieben des Revierinhabers unterschiedlich, der eine verkauft die Sauen noch in der Schwarte an den Wildhandel, der andere verbraucht das Wildbret selbst. Doch immer nur als klassischen Sonntagsbraten? Das muss nicht sein, Wild lässt sich sehr vielseitig zubereiten. Das zeigt auch Karl Josef Fuchs in seinem Ende 2020 im Tretorri Verlag neu erschienenen Best of Wild und mehr.

So präsentiert er z.B. Rehleber auf geröstetem Körnerbrot mit Chili-Aprikosen oder Fasanenbrust auf Pulpoterrine.


Mit solchen Gerichten ist er weit weg von Rezepten aus früheren Zeiten, wo Wildbret zunächst für mehrere Tage in Buttermilch oder Rotwein eingelegt wurde, um den vermeintlich strengen Wildgeschmack abzumildern, der seinerzeit letztlich nur durch falsche Behandlung – oftmals waren fehlende Kühlungsmöglichkeiten des erlegten Wildes die Ursache – entstand. Doch nicht alles aus der „guten alten Zeit“ ist grundsätzlich schlecht. Gerade weil es keine Kühlmöglichkeiten gab, mussten andere Methoden der Haltbarmachung gefunden werden, und eine sehr alte und wirksame Methode ist das Räuchern. So lässt sich denn auch die Strecke nach einer Drückjagd bändigen, in dem man das Wildbret zu geräucherter Wurst und Schinken verarbeitet bzw. verarbeiten lässt.

Aber auch der leckerste Schinken schmeckt irgendwann langweilig, wenn man ihn tagein tagaus als Aufschnitt auf Brot isst. Doch auch hier hat Karl Josef Fuchs ein passendes Rezept parat: Wildschweinschinken mit Steinpilz und Eigelb.
Einschränkend muss vielleicht erwähnt werden, dass hier nicht das Pökeln und Räuchern von Schinken erklärt wird, sondern dass fertiger Schinken genutzt wird. Abgesehen von der Tüte Milch und dem Päckchen Butter, was man sowieso im Vorrat hat, ist die Zutatenlisten im Grunde sehr kurz.

Zunächst wird aus Butter, Mehl und Milch sowie Salz, Pfeffer und Muskatnuss eine Béchamel Sauce hergestellt.

Als nächster Schritt wird der Spinat kurz blanchiert und in die Sauce gegeben. Parallel dazu werden die in Scheiben geschnittenen Pilze in Butter mit Schalotten angebraten. Das Originalrezept verwendet Steinpilze. Deren Saison war jedoch bei Erscheinen des Buches schon vorbei, so dass ich auf braune Champignons zurückgreifen musste. Nun mag man einwenden, dann passe das Rezept nicht in die Jahreszeit, aber abgesehen davon, dass es meines Erachtens eine wirklich schöne Vorspeise ist, hatte ich gerade frischen Wildschweinschinken zur Hand, der unbedingt benutzt werden wollte. Saisonale Produkte kommen übrigens das ein oder andere Mal zur Anwendung, das Kochbuch enthält z.B. auch einige Rezepte mit Spargel, so dass ich mit Sicherheit spätestens im Frühjahr wieder einen Blick hinein werfen werde.

Wenn die Pilze aus der Pfanne sind, direkt den in Scheiben geschnittenen Schinken nachlegen und braten. Den Spinat auf die Teller geben und in die Mitte eine kleine Vertiefung drücken; in diese setzt man ein frisches Eigelb. Pilze und Schinken ringsum verteilen, Meersalz drüber streuen und – tadaaa – fertig ist eine extrem leckere Vorspeise. Der leicht salzige Schinken passt hervorragend zu dem Spinat in der Béchamel Sauce, das cremige Eigelb passt hervorragend zu dem Schinken und den Pilzen. Mit wirklich einfachen, bodenständigen Zutaten ohne viel Chichi hat Karl Josef Fuchs hier ein tolles Gericht gezaubert.

Natürlich enthält das Buch auch Rezepte für die Klassiker der Wildküche, z.B. geschmorte Wildschweinkeule, aber hier zeigt Karl Josef Fuchs sehr schön, was sich aus der Keule noch alles zaubern lässt – wenn man sie denn vorher zu Schinken zubereitet. Im Original liest sich das Ganze dann so:
Béchamel
Für ca. 250 ml
20 g Butter
20 g Mehl
250 ml Milch
Salz
Weißer Pfeffer aus der Mühle
Muskatnuss
In einem Topf die Butter schmelzen. Das Mehl zugeben und gut verrühren. Mit Milch aufgießen und aufkochen lassen. Mit Salz, Pfeffer und frisch geriebener Muskatnuss würzen.
Herbstliche Überraschung
1 kg Blattspinat
Salz
4 Eigelb
320 g Steinpilze
4 EL Butter
200 g Schalottenwürfel
Weißer Pfeffer aus der Mühle
8-12 Scheiben Wildschweinschinken
Grobes Meersalz
Blattspinat verlesen, kurz in kochendem Salzwasser blanchieren und abtropfen lassen. Mit der Béchamelsauce vermischen.
Den Spinat auf 4 tiefe Teller verteilen, jeweils eine Mulde formen und 1 rohes Eigelb vorsichtig hineingeben, sodass es nicht ausläuft.
Die Steinpilze putzen und in Scheiben schneiden. In 2 EL Butter braten, Schalotten dazugeben, mit Salz und Pfeffer würzen und auf dem Spinat verteilen.
Mit den in der restlichen Butter angebratenen Schinkenscheiben garnieren. Mit grobem Meersalz bestreuen.

*
Koch und Kochbuchautor und Jäger Karl Josef Fuchs vom Restaurant Spielweg
Karl-Josef Fuchs, seines Zeichens Wildexperte, führt in der fünften Generation das Romantik-Hotel Spielweg im Münstertal. https://spielweg-shop.com/

Der Fernsehregisseur und Journalist Lutz G. Wetzel schreibt über seinen Jagdfreund Karl-Josef Fuchs:
»Ein Küchen-Künstler, der nicht viel Aufhebens um seine Person macht und der ständig nach der perfekten Zubereitungsart für eine Fleischsorte sucht, der oft in den Details eines neuen Rezepts versunken ist und dem nur Ehefrau Sabine wichtiger ist als Küche, Käse und Jagd. Ein unvergesslich würziges Schäufele vom Wildschwein. Eine optimal zartrosa Rehkeule. Ein Hirschkalbsfilet mit irgendeinem Wahnsinn kombiniert, dass man vorher sagt: Das kann nicht schmecken. Aber dann ist es eine Aromenexplosion am Gaumen. Entsprechend schmachtende Komplimente nimmt Karl-Josef Fuchs eher beiläufig hin. Er muss schon lange niemandem mehr etwas beweisen, ignoriert bewundernswert gelassen den schwitzend aufreibenden Kampf der Kollegen um Sterne, Kochmützen und Kochlöffel und verschwendet kein millionstel Gramm Ehrgeiz an Türmchen aus Jakobsmuscheln und Zitronengras: Eine gute Rehbratwurst, eine saftige Wildenten-Terrine, ein zünftiger Wildschwein-Sauerbraten sind die Sternstunden, die seine Gäste mit ihm feiern.
Karl-Josef Fuchs hat als Leuchtturm der deutschen Wildküche viele treue Fans und nur wenige Schönwetter-Bewunderer. Mit seinen häufig ausgebuchten Koch-, Wurst- und Grillkursen hat er dem Wildbret einen völlig neuen Stellen wert verschafft: Früher war der Rehrücken, die Wildschweinkeule und der Feldhase nur ein Festtagsbraten, inzwischen sind sie ein selbstverständlicher Bestandteil in deutschen Küchen geworden.«
*
KRAUTJUNKER-Rezensent André Brüggemann:

Dr. André Brüggemann ist passionierter Jäger, Hundeführer und Jagdhornbläser sowie begeisterter Hobbykoch und Genießer. Aufgrund seiner Tätigkeit als Steuerberater in eigener Kanzlei bleibt ihm dazu allerdings weniger Zeit, als ihm lieb wäre.
https://www.sdb-hameln.de/
***

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe, sondern jetzt auch Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: WILD – Best of Wild & mehr
Autor: Karl-Josef Fuchs
Verlag: Tre Torri Verlag
Verlagslink: https://tretorri-shop.de/WILD-Best-of
*
Mehr von Karl-Josef Fuchs: https://krautjunker.com/?s=Karl-Josef+Fuchs
*
Bereits aus dem Buch veröffentlichte Rezepte:
https://krautjunker.com/2021/01/16/gebackenes-rehkitz-mit-sauce-tatar/
https://krautjunker.com/2021/01/15/nervennahrung-wildes-hirn/
Ein Kommentar Gib deinen ab